Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Samstag, 22. Februar 2014

Das Gleichnis vom modernen Hirten

Ein Hirte hatte 15 Schafe. In den offiziellen Dokumenten stand zwar, dass es 100 in seiner Herde gebe, aber er war ein sehr respektvoller Hirte, darum hätte er es sich nie einfallen lassen, tatsächlich irgendein Schaf zu zwingen, sich in die Nähe der andern zu gesellen und um erst gar keinen Verdacht aufkommen zu lassen, dass er es nicht ernst meine, hatte er auch schon längst die Hürdenzäune abgerissen, die die Schafe hätten einengen können. Auch gebrauchte er keinen Stock oder Stab, das wäre ja Schafsmissbrauch und Bedrohung gewesen. Wenn ein Schaf davonwanderte, hielt er es nicht auf, das wäre ja Manipulation gewesen. Man konnte schließlich auch vertrauen, dass der sichere Instinkt der Tiere sie garantiert zu den besten Weiden führen würde, den für sie persönlich besten. Da durfte er als Hirte sich nicht einmischen.
Indem er den Schafen so ihren freien unbeeinträchtigten Willen ließ, blieb ihm auch genügend Zeit sich um andere Tiere zu kümmern. Jedes, ob Schwein, Hund, Ratte, Kuh oder Wolf sollte sich in seiner Herde wohl fühlen. Schafe, die vor anderen Tieren zurückscheuten, waren in seiner Herde ohnehin fehl am Platz, besser dass die sich eine andere suchten.
Dummerweise die Hirtenorganisation aber auch noch dieses antiquierte Leitbild, dass ein Hirte wenigstens einmal jährlich ein verirrtes Schaf heimholen solle. Verirrt! Die Tiere waren doch selbständig! Und dann wollte man da auch noch plötzlich eine Übersicht, in welchem Zustand wieviel seiner Schafe seien.
Missmutig betrachtete er die fünfzehn in der Nähe. Verlauste Tiere, die nicht so selbständig wie die anderen waren, die sich glücklich ihr eigenes Futter weit weg suchten. Manche wollten sich sogar an ihn drängen; die merkten nicht, wie sehr er gerade sie verabscheute.
Aber jetzt brauchte er ein paar Vorzeigeschafe mehr. Er griff zum Fernglas. Ja, da waren ja welche! Hmmm, sah aus also ob der 5er-Trupp am Hang weiter weg zu der Nachbarherde war. Das würde nur Ärger geben, wenn er die holen würde. Und die zwei da an dem Teich. Ungünstig, die waren ziemlich bissig, ließen ihn sowieso nicht in die Nähe. Es half nichts, er musste sich aufmachen, um irgendwo ein paar seiner Schäfchen ausfindig zu machen. Irgendwo hatte er doch noch Leckerbissen. Die verteilte er sonst nicht, die dummen 15 mussten schließlich lernen selbständiger zu werden. Er packte die guten Brocken ein und ging auf die Suche.
Drei Tage lang suchte er. Er sah einzelne der offiziellen Herdenschafe, aber die meisten ergriffen bei seinem Anblick die Flucht. Dumm, dumm - er musste einen Erfolg vorzeigen.
Da stieß er auf die Rettung: vier halbwilde Hunde. Er wusste wie man die anlocken konnte. Die kamen sofort, wenn man ihnen Futter zeigte und schließlich gehörten in seine Herde alle Tiere. Also lockte er die Hunde mit ein paar Essensresten um sie seiner Herde zuzuführen.
Auf dem Weg zurück gewöhnte er sich richtig an seine neuen Tiere. Nur unglücklicherweise stellte sich heraus, dass er bei seinem Wohnsitz, wo die 15 Schafe, ach nein, 14 waren es noch, kläglich mähend herumstanden, die Vorräte aus und er hatte nichts mehr und seinen neuen Hundeschafe fingen an, ihn anzuknurren.
Die Lage war misslich. Gerade da hörte er das klägliche Blöken. Schaf Nr. 15, ein besonders unselbständiges Exemplar, hatte sich in einem Dickicht verfangen. Es schien auch verletzt. Warum sollte das Tier unnötig leiden? Schnell befreite er es von seinem Elend und überließ den Kadaver seinen neuen Herdentieren. Eins weniger, drei dazu. Das war doch schon mal ein guter Anfang.

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