Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Volksbischof?


Irgendwann erreichen sie mich,  einige der Meldungen aus der Lokalzeitung meiner Eltern. Jene AZ scheint sich immer mehr zum Experten in kirchlichen und kirchenpolitischen Fragen aufschwingen zu wollen. So wohl auch gestern. Anlass war der bevorstehende 75. Geburtstag des Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann.
Der Inhalt mehrerer Artikel zum Thema lässt sich so zusammenfassen:  Auch wenn der Bischof gerade wieder einige Tage im Krankenhaus war, wie mehrfach in den letzten Jahren, kann nicht die Rede davon sein, dass er krank ist. Es wäre also eine Beleidigung seitens des Papstes, wenn dieses Rücktrittsgesuch angenommen würde, wenn doch Kardinal Meisner nun schon so lange über den 75. Geburtstag hinaus in Köln bleibt. Denn das ganze Bistum zage und zittere, dass es den über alles geliebten Volksbischof verlieren solle und möglicherweise in die Hände von Bischöfen gerate, die „dauerhaften Unfrieden stiften“(sic!)   wie die von Köln und Limburg.

Zu diesen Ausführungen ließe sich so einiges sagen, was ich hier nicht sagen werde. Ich möchte mich nur mit einem Begriff beschäftigen, dem Volksbischof.

Kardinal Lehmann ist vieles: ein renommierter Akademiker, ein erfahrener Kirchenpolitiker, in der Öffentlichkeit sehr bekannt, oft präsent in den Medien und einflussreich. Man ist stolz, einen derart angesehenen Mann im Bistum zu haben. Nur, Volksbischof?
Ich habe ein bisschen im Internet gesucht, um zu sehen, was andere mit dem Begriff Volksbischof verbinden. Dabei kam heraus, dass es sich dabei meist um Bischöfe handelt, die sehr schlicht leben und sehr engen Kontakt mit ihren Gläubigen halten. Kein Treffer beim Mainzer Kardinal.

Um es vorweg zu nehmen, ich habe schon zahlreiche Anekdoten über Kardinal Volk gehört, der äußerst beliebt und geschätzt war und hätte nach diesen keinerlei Problem, diesen als volksnah zu bezeichnen. – Die Anekdoten, die ich über Kardinal Lehmann höre, sind völlig anders. Der Inhalt der meisten wäre: „Er ist nie da.“ Und „Wir interessieren ihn nicht.“ Wahrscheinlich wird in vielen Diözesen gescherzt, dass man den eigenen Bischof besser in Rom oder Fulda erreiche, in Mainz hat bei den Worten niemand mehr auch nur gelächelt.
Das Gefühl in Mainz ist eher, dass es da seit langer Zeit gar keinen Bischof gibt. Eine Zeitlang wurde das Vakuum gefüllt durch Weihbischof Eisenbach, der in bewundernswerter Weise auf alle Anfragen ohne Ansehen der Person antwortete.  Leider wurde dieser Opfer eines Skandals. Was half es da noch, wenn selbst der Generalstaatsanwalt die Anklage zurückwies, der Ruf war ruiniert, der Weihbischof wurde emeritiert.

Kardinal Lehmann besucht gerne Feste. Aber macht das ihn zu „einem von uns“, wenn er dann eine Runde über die Stände geht und sich auf jeder Station feiern lässt (zugegeben für einige Leute ist es erhebend, den Bischof tatsächlich einmal von nahe zu sehen, nachdem er so viele Jahre fast nicht vorhanden war)? Medienwirksam ist es wohl, wenn er im letzten Advent (erstmals) an einem Glühweinstand mit ausschenkt, aber wem ist er damit nahe?

Bekannt ist Kardinal Lehmann dafür, dass er Akademiker schätzt und sich gerne mit ihnen umgibt und abgibt. Eine Ärztin erzählte dazu einmal, wie er ihr auf eine Anfrage hin sagte, dazu werde er einen „richtigen Arzt“ konsultieren; sie hatte nicht promoviert sondern nur jahrzehntelang in ihrem Fachgebiet praktiziert.
Und dann die Hirtenbriefe! Bisher haben sie meistens Aufstöhnen (wenn die Verlesung eine halbe Stunde und mehr dauerte) und schnelles Vergessen (da man ohnehin nicht so recht verstand, was das jetzt sollte) hervorgerufen. Und die Überlegung, dass der Bischof sicher ein sehr gescheiter Mann sein muss, der solche Dinge schreibt. Es mag sein, dass eine kleine Gruppe von theologisch Studierten und Halbstudierten sie interessant und relevant fand. Aber wer auf spirituelle Impulse hofft, der hofft eben noch. – Auch das Studium der Werke des Kardinals hilft da nicht sehr weiter.

Wenn ich etwas lese wie hier (die Ereignisse in Ruethen) , dann kann es natürlich sein, dass die Gemeindemitglieder manchenorts in einer völlig anderen Welt leben und sich für solche Dinge interessieren. In meiner Heimatpfarrei stünden Fragen, wie die was man tun kann, wenn die Kinder keinen Zugang zum Glauben finden und ob wirklich alles zusammenbricht und warum  die Pfarrer alle Schäflein sich selbst überlassen viel weiter oben.

Bemerkenswert ist allerdings ein Wandel in der Berichterstattung der Medien während der ganzen Jahre der Amtszeit des Bischofs. Wurde er zunächst eher misstrauisch beäugt und ihm anfangs seitens vieler Hauptamtlicher vorgeworfen, er sei wirklichkeitsfern, sitze auf dem hohen Ross, rede völlig unverständlich und sei dem Papst zu loyal – so hat sich der Blätterwald inzwischen gewendet, jetzt soll ebendieser Bischof plötzlich die Hoffnung für die Mainzer sein. (Liebe Zeitungsschreiber vor ein paar Wochen noch war das Kondom die Hoffnung der Katholiken in eurem Blatt, also es kommen merkwürdige Assoziationen auf, wenn Worte wie Hoffnung dauernd so überstrapaziert werden).
Hoffnung worauf wird allerdings nicht näher ausgeführt. Aus dem Kommentar links daneben kann man nur erschließen, dass es darum geht, dass weder Kardinal Meisner noch Bischof Tebartz van Elst Bischof in Mainz werden. – Liebe Zeitungsschreiber und liebe Hoffende, Ihr könnt Euch beruhigen! Kardinal Meisner wird ganz bestimmt nicht seinen Lebensabend mit den Mainzer Problemen verbringen wollen und es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass das Limburger Domkapitel den Bischof, den es so gerne haben wollte, schon wieder loswerden will.  Und wählen darf das Mainzer Domkapitel übrigens auch noch, sogar aus einer Liste, in der die Vorschläge des derzeitigen Bischofs Berücksichtigung finden müssen!
Was soll also plötzlich diese Meinungsmache?

Und irgendwie merkwürdig. Gerade ist es ein paar Tage her, dass Kardinal Lehmann öffentlich sagte, er wolle nicht weiter im Amt bleiben. Er halte es für sinnvoller, dass jeder ab einem gewissen Alter in den Ruhestand gehe.
Und jetzt widerspricht die Zeitung nicht ihm, sondern bringt drohendes Gemurmel Richtung Papst und Kurie, wenn diese es wagen sollten, diesem Wunsch nachzugeben.

2 Kommentare:

  1. Und eben Dein letzter Absatz ist es, woran ich die ganze Zeit beim Lesen der Zeilen denken mußte. Manche Redakeure scheinen ihr eigenes Blatt nicht zu lesen.

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  2. Heute hat die AZ im Lokalteil nachgelegt. Zur Untermauerung ihrer Behauptungen wurden drei Pfarrer interviewt - als ob da einer etwas gegen seinen Bischof sagen würde! Einer der drei Herren ist zu dem noch ein guter Freund aus Freiburger Tagen, der gelegentlich handschriftliche Grüße vom Bischof erhält. Jeder andere kann dankbar sein, wenn nach Monaten ein Schreiben von der Sekretärin kommt.

    Man muss bei all dem immer im Kopf haben, dass der Kardinal bestens befreundet ist mit den Verantwortlichen der verschiedenen Rhein-Main-Presssen.

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